Awareness-Arbeit
«Awareness bezeichnet das Bewusstsein und die Aufmerksamkeit für Situationen, in denen
die Grenzen anderer überschritten werden oder wurden. Alle Formen von Diskriminierung und
(sexualisierter) Gewalt können dabei eine Rolle spielen…» (ActAware, 2021). Awareness-Arbeit
umfasst den ganzheitlichen Umgang mit sexistischem, rassistischem, queerfeindlichem, ableistischem oder anderweitig diskriminierendem Verhalten. Der Umgang setzt präventiv an, um mit Maßnahmen und Strukturen Grenzüberschreitungen zu verhindern sowie um den Umgang, wenn grenzüberschreitende Situationen tatsächlich stattgefunden haben. Dabei liegt der Fokus auf der Unterstützung und Begleitung betroffener Personen – dies ist immer abhängig von ihren Bedürfnissen. Andererseits geht es auch darum, Machtverhältnisse zu reflektieren und zu dekonstruieren sowie zum Thema zu sensibilisieren (Awarenetz, 2020).
Awareness am OISES Openair
Wo Menschen aufeinandertreffen, werden Grenzen überschritten und Übergriffe verübt. Leider ist das momentan noch die Realität – auch unser kleines Openair ist davon nicht ausgenommen. Damit sich während dem Festival dennoch alle beteiligten Personen sicher und wohl fühlen, betreiben wir seit 2023 Awareness-Arbeit, die das OK, alle Helfenden und Besuchenden miteinschließt.
Grundsätze der Awareness-Arbeit
Bei allen Maßnahmen im Rahmen der Awareness-Arbeit am OISES gelten folgende Grundsätze:
Definitionsmacht
Jede Person kennt ihre eigenen individuellen Grenzen, nicht aber jene aller anderen Menschen. Somit ist eine Person, welche sich ans Awareness-Team wendet, die einzige, welche bestimmt, dass eine ihrer Grenzen überschritten wurde. Diese Definitionsmacht liegt weder beim Awareness-Team, dem Sanitäts-Team, dem OK, Helfenden oder anderen Besuchenden.
Nulltoleranz
Eine Grenze ist eine klare Linie, kein Graubereich. Somit existiert bei Grenzüberschreitungen kein Diskussionsspielraum. Jede Grenzüberschreitung wird ernst genommen und gleich behandelt, Gewichtungen existieren nicht. Jede Person, die sich ans Awareness-Team wendet, wird angehört und unterstützt.
Parteilichkeit
Awareness-Arbeit stellt immer die Bedürfnisse der betroffenen Person in den Fokus und stellt sich immer auf ihre Seite.
Anonymität
Alle Informationen werden vertraulich behandelt. Die Fälle des Awareness-Teams werden anonym und sachlich dokumentiert, sodass im Nachhinein allfällige Muster festgestellt und für das kommende Jahr präventive Maßnahmen ergriffen werden können. Der Grundsatz der Anonymität gilt auch (und insbesondere) bei Vorfällen innerhalb der Helfenden/des OKs. Falls eine Person des Awareness-Teams die betroffene Person kennt, kann der Fall bei Bedarf auch weitergegeben werden.
Massnahmen für mehr Awareness
Awareness-Team
Während den Konzert-Zeiten befindet sich zu jeder Zeit ein kleines Awareness-Team auf dem Festivalgelände. Es besteht stets aus mindestens zwei Personen, die erkennbar sind an einem lila-farbenen T-Shirt mit dem Aufdruck „AWARENESS“. Die Personen des Awareness-Teams bewegen sich auf dem gesamten Gelände, um die Stimmung der Besuchenden sowie Helfenden abzuholen und für Sichtbarkeit zu sorgen. Sie dienen als Ansprechpersonen für alle Menschen, die eine Grenzüberschreitung erlebt oder beobachtet haben oder sich sonst aus einem (nicht primär medizinischen) Grund in ihrer aktuellen Situation unwohl fühlen.
„Luisa“ ist hier
Wie in vielen anderen Kultur-Institutionen ist „Luisa“ auch am OISES Openair zu Besuch. Personen, die die Unterstützung des Awareness-Teams benötigen, wenn dieses nicht in Blickweite ist, können jederzeit an der Bar nach „Luisa“ fragen. Die Helfenden werden vor Beginn ihrer Schicht darüber informiert, dass sie in so einem Fall das Awareness-Team über die an der Bar angebrachten Nummer kontaktieren sollen.
Awareness-Nummer
Das Awareness-Team kann jederzeit während dem Festival (auch neben den Konzertzeiten) telefonisch erreicht werden. Die entsprechende Nummer wird dem gesamten OK mitgeteilt, steht den Helfenden während ihrer Schicht zur Verfügung und wird auf Informationsschildern kommuniziert, die auf das Awareness-Team aufmerksam machen – an verschiedenen öffentlichen Orten (Toiletten, Geländeeingang etc.).
Safe Space
Sobald eine Person aus dem Awareness-Team kontaktiert wird, bietet diese der betroffenen Person an, sich gemeinsam (mit beiden Personen aus dem Awareness-Team!) in den Safe Space zurückzuziehen, um der aktuellen Situation zu entfliehen. Dort können in Ruhe die Bedürfnisse der betroffenen Person ermittelt und beachtet werden. Der Safe Space befindet sich abseits des öffentlichen Bereichs hinter der Bühne. Das OK sowie der Sicherheitsdienst sind über das mögliche Erscheinen der Awareness-Teams mit einer betroffenen Person informiert.
Helfende in der Awareness-Arbeit
Die Awareness-Arbeit am OISES Openair kann nur mit der Unterstützung von freiwilligen Helfenden verrichtet werden. Diese benötigen keinerlei Ausbildung im sozialen Bereich, Erfahrungen in der Awareness-Arbeit sind natürlich hilfreich. Damit betroffene Personen dennoch bestmöglich unterstützt und begleitet werden, werden alle Personen des Awareness-Teams im Vorfeld und kurz vor dem Beginn ihrer Schicht über die oben genannten Grundsätze und den Leitfaden für Awareness-Schichten informiert und mit einer Handlungsanleitung ausgerüstet, welche im Vorfeld ebenfalls gemeinsam besprochen wird.
Zu diesem Zweck werden die Helfenden 15 Minuten vor dem Beginn ihrer Schicht für ein Briefing an einen gemeinsam vereinbarten Treffpunkt gebeten. An diesem Treffpunkt wird nach dem Ende jeder Schicht ein Debriefing stattfinden, bei dem die vergangene Schicht besprochen und die Stimmung der Helfenden abgeholt wird.
«Nachhaltigkeit ist ein zunehmend wichtiges globales Ziel. Sie beruht auf den Grundsätzen der ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Verantwortung. Diese drei Aspekte bilden die Grundlage dessen, was gemeinhin als die drei Säulen der Nachhaltigkeit bezeichnet wirdUmweltschutz, wirtschaftliche Entwicklung und soziale Gerechtigkeit.» [1]Falls du genauer nachlesen möchtest, was du dir unter diesen Bereichen genau vorstellen sollst, findest du dazu zahlreiche Artikel im Internet, hier eine kleine Auswahl:
Und so sieht es bei uns in diesen drei Bereichen momentanaus:
Ökologische Nachhaltigkeit
Fleisch, besonders ausMassentierhaltung und/oder dem Ausland importiert, ist bekanntlich eineKlimasünde! Darum ist es uns wichtig, dass wir an unserem eigenen Food-Stand nur Produkte mit Fleisch vom Demeter-Hof anbieten, auf dem das OISES stattfindet (Gut Rheinau). Hauptsächlich offerieren wir mehrere vegetarische und vegane Optionen. Die externen Food-Stände, die wir für unser Festivalengagiert haben, bieten neben vegetarischen und veganen ebenfalls fleisch-haltige Gerichte an. Dafür steht den Inhaber*innen das lokale Fleisch vom Hof zur Verfügung, ob sie dieses beziehen möchten, ist ihnen überlassen.Auch das Gut Rheinau selbst wird seinen eigenen Wurststand auf dem Geländehaben.
In einer perfekten Welt wären all unsere Produkte (Esswaren sowie Getränke)lokal und saisonal. Diese Wunschvorstellung setzen wir so weit wie möglich um. UnsereWeine beziehen wir vom Weingut Strasser vom Nachbarsdorf. Ebenfalls verkaufen wir Züri Wind anstatt Berliner Luft, Viola (aus Winterthur) statt Aperol und haben Süssmost und frische Kräuter direkt vom Gut Rheinau. Bei gewissen Produkten ist das schlicht nicht umsetzbar oder liegt nicht im Rahmen unseres aktuellen Budgets. Wie beispielsweise kommen unsere verwendetenZitrusfrüchte in Getränken aus Spanien, wenn möglich natürlich Bio-Qualität.
Beim Geschirr machen wir momentan einen Kompromiss: Wir freuen uns, wieder verwendbare Becher von Cup&More zu beziehen. Unsere finanzielle Lageerlaubt keine Zusammenarbeit mit Cup&More für das restliche Geschirr.Stattdessen hast du als Besucher*in die Möglichkeit, Essen aus deinem eigenenGeschirr oder aus biologisch abbaubaren Einweg-Tellern zu geniessen.
Unser Fussabdruck geht über die drei Tage Festival hinaus und beginnt zum Beispiel schon bei derWerbung und dem Merchandise. Unsere Flyer stellen wir selbst im Risodruck imDynamo Zürich her. Auch unsere Plakate sind mit viel Liebe im Siebdruck entstanden, ebenfalls DIY. Auch unser Merchandise wird von uns eigenhändig mit einem Siebdruckverfahren bedruckt. So können wir auch im Bereich Print & Merch möglichst ressourcenschonend und lokal arbeiten. Am Festival selbst hast du alsBesucher*in die Möglichkeit, eigene Textilien zu bedrucken und somit alte Artikel neu zu gestalten und «aufzupeppen». Secondhand wird bei uns grossgeschrieben. Beim Bedrucken setzen wir auf einfache, aber wirkungsvolle Mittel:Gedruckt wird ausschliesslich mit weisser Farbe, da ein grösserer Farbumfang unser Budget sprengen würde. Trotzdem lassen sich damit tolle Kontraste und kreative Designs umsetzen, besonders auf dunkleren Stoffen.Die T-Shirts haben wir bei Switcher (Bio-Qualität)bezogen. Trotz der Produktion in Indien und dem somit langen Transportweg, bietet Switcher viele nachhaltige Vorteile an. Beispielsweise werden recycelteMaterialien verwendet. Auch pflanzen sie immer wieder neue Bäume an, es sind schon über 15’000 gepflanzt. Weitere Informationen unter:
Ein grosser Teil unserer Dekoration und Infrastruktur ist selbst gemacht oder Secondhand. Mit vielHerzblut haben wir gemeinsam gestaltet, gebastelt, gehämmert und gebaut, um unser Festivalgelände liebevoll und individuell zu gestalten. Dabei setzen wir bewusst auf Wiederverwendung: Viele unserer Materialien stammen aus Brockenhäusern, Secondhand-Läden oder sind sonst Secondhandware. Auch unsere Beschilderung wurde aus früherenProjekten recycelt. Unsere Plakate bestehen zum Teil aus alten Tüchern, die neubemalt wurden. Spiegel, alte Bettlaken und Tischtücher, Glühbirnen und viele andere Gegenstände haben bei uns ein zweites Leben erhalten, und erzählen auf demGelände ihre ganz eigene kleine Upcycling-Geschichte. So verbinden wirKreativität mit Nachhaltigkeit und möchten zeigen, dass schöne Gestaltung nicht immer neu gekauft sein muss. Natürlich ist aber auch bei uns nicht alles selbstgemacht: Einige Elemente, wie zum Beispiel unsere Eismaschine, Sitzsäcke oder die bunten Fahnen, die über dem Festgelände wehen, wurden neu gekauft und ergänzen unser Deko-Konzept farbenfroh und stimmig.
Festivals sind heute oft für die Ansammlung von Billig-Campingmaterial wie Einweg-Zelten und-Pavillons bekannt, die leider nach den Events auf dem Gelände zurückbleiben.Dies wollen wir so gut wie möglich vermeiden. Die ganze Infrastruktur von unserer Seite (Bühnen, Festzelte, Pavillons etc.) mieten wir oder leihen diese aus für die Dauer des OISES. Für deine mitgebrachten Zelte verlangen wir amEingang ein Depot, das du am Ende nur dann wieder erhältst, wenn du dein gesamtes Material wieder mit nach Hause nimmst. Wir können natürlich nicht garantieren, dass alle Besuchenden das wirklich tun, unsere Massnahme soll helfen, unsere Festival-Freund*innen zu dem verantwortungsvollen Verhalten motivieren, hinter dem wir stehen können.
Private Mobilität trägt weltweit stark zu den enormen CO2-Emissionen bei. Da wir mit unseremFestival solche Mobilität verursachen, wollen wir unsere Besucher:innen zumindest dazu anregen, auf eine nachhaltige Weise anzureisen. Dazu haben wir ein «Belohnungs-System» eingeführt: Eine Anreise ans OISES mit dem Fahrrad bringt dir bei uns einen Rabatt auf dein Ticket ein. Interessiert an einer Velotour, die deiner Umwelt und deinem Portemonnaie guttut? Dann hol dir hier ein vergünstigtes Ticket und mach entweder von deinerAnreise ein lustiges Beweis-Foto oder bring dein Velo direkt zum Eingang mit ☺
SozialeNachhaltigkeit
Wir haben ein Awareness-Team, welches vor Ort dafür sorgt, dass sich alle unsere Besuchenden, Helfenden, Künstlern und alle vom OK wohl Fühlen und Diskriminierung jeglicher Art keinen Platz hat. kannst du im oberen Abschnitt dieser Website nachlesen.
Wir wollen mit unserem Booking Repräsentation für die ganze bunte Gesellschaft bieten. Dazu würde gehören, dass zum Beispiel FINTA-, BIPOC- und queere Personen und Menschen mitBeeinträchtigungen auf unserer Bühne genauso vertreten sind wie in der Bevölkerung der Schweiz. Wir wissen, dass es noch Luft nach oben gibt. Ein vielfältiges und ausgewogenes Line-up ist für uns kein Nice-to-have, sondern ein klares Ziel.Deshalb überprüfen wir laufend unsere Prozesse und bemühen uns, mit jedem Booking inklusiver zu werden. Als Festival «in den Kinderschuhen» sind wir in unseren Auswahl-Entscheidungen nicht so frei, wie wir es gerne wären und hoffentlich in Zukunft immer mehr sind, um diese Repräsentation zu schaffen. In unserem OK sieht die Lage ganz anders aus: Wir organisieren das OISES mit zwei drittel Frauen-Power.
So sehr wir ein diversesFestival hinter und vor den Kulissen fördern wollen, müssen wir gestehen, dass unser Gelände für Menschen mit eingeschränkter Mobilität nicht gut zugänglich ist. Das lässt sich nicht schönreden. Wir haben uns aber zum Ziel gesetzt, mitInvestitionen in Bodenbelag und barrierefreie Infrastruktur, unsere Konzerte in den kommenden Jahren zugänglicher zu gestalten. Momentan ist dies aufgrundunserer finanziellen Lage noch nicht möglich. Wir wissen, dass das Gelände nicht für alle gleich gut zugänglich ist. Deshalb möchten wir mit einem barrierefreien Kompotoi einen Beitrag dazu leisten, den Aufenthalt für möglichst viele Menschen angenehmer zu gestalten.
Wirtschaftliche Nachhaltigkeit
Wir von derFestival-Organisation sind nicht auf Profit ausgelegt, sondern darauf, dieAusgaben vom aktuellen Jahr zu decken und mit allfälligen überschüssigenEinnahmen in die Verbesserung des OISES für kommende Jahre zu investieren. DerTicket- und Essen/Getränke-Verkauf reichen dazu nicht aus, wir sind finanziell auf die Unterstützung von Sponsor*innen angewiesen. Diese Unterstützung bekommen wir beispielsweise in Form von Spenden, gratis Miet-Material oderVergünstigungen bei Produkten, die wir kaufen. Dabei versuchen wir mit Firmen zusammenzuarbeiten, die unsere Vorstellungen und Werte teilen. Jedoch sind wir, so wie auch unsere Sponsor*innen, nicht in jeder Hinsicht perfekt. Hier findet ihr unsereSponsor*innen.
Unser Bodenbelag und die Eismaschine waren unsere ersten grösseren Investitionen, die uns finanziell kurz zurückgeworfen haben, doch zukünftig vorwärts bringt. Auch dieses Jahr haben wir in eine Bar und einen Bar Container investiert. Beides erspart uns Mietkosten für die kommenden Festivals und bringt uns ausserdem Einnahmen übers Jahr indem wir diese vermieten, während wir das nächste OISES planen.
Als kleines und neues Festival schränkt uns unser Budget leider in vielen Bereichen ein (die anderen beiden Nachhaltigkeits Bereiche und die Preise unseres Essens- und Getränke-Angebots stehen oft im Trade-Off mit der ökonomischen Machbarkeit) und für uns vom OK bringt das OISES noch viele Ausgaben, neben unserer Energie stecken viele private Investitionen in diesem Festival. Uns ist bewusst, dass wir auf die Dauer finanziell stabil werden müssen, damit dieses Herzensprojekt nachhaltig stattfinden kann.
Wir wollen möglichst transparent kommunizieren, wie es umunsere Nachhaltigkeit steht. Die obige Auflistung ist jedoch unmöglich abschliessend. Neue Entwicklungen werden wir so zuverlässig wie es geht ergänzen. Falls dir etwas auffällt oder dich interessiert, melde dich ungeniert bei uns via info@oises-openair.ch Wir sind offen für Fragen, Anmerkungen, Kritik, Inspiration, gemeinsames Weiterdenken, …