AWARENESS AM OISES 2025

Awareness-Arbeit

«Awareness bezeichnet das Bewusstsein und die Aufmerksamkeit für Situationen, in denen
die Grenzen anderer überschritten werden oder wurden. Alle Formen von Diskriminierung und
(sexualisierter) Gewalt können dabei eine Rolle spielen…» (ActAware, 2021). Awareness-Arbeit
umfasst den ganzheitlichen Umgang mit sexistischem, rassistischem, queerfeindlichem, ableistischem oder anderweitig diskriminierendem Verhalten. Der Umgang setzt präventiv an, um mit Maßnahmen und Strukturen Grenzüberschreitungen zu verhindern sowie um den Umgang, wenn grenzüberschreitende Situationen tatsächlich stattgefunden haben. Dabei liegt der Fokus auf der Unterstützung und Begleitung betroffener Personen – dies ist immer abhängig von ihren Bedürfnissen. Andererseits geht es auch darum, Machtverhältnisse zu reflektieren und zu dekonstruieren sowie zum Thema zu sensibilisieren (Awarenetz, 2020).

Awareness am OISES Openair

Wo Menschen aufeinandertreffen, werden Grenzen überschritten und Übergriffe verübt. Leider ist das momentan noch die Realität – auch unser kleines Openair ist davon nicht ausgenommen. Damit sich während dem Festival dennoch alle beteiligten Personen sicher und wohl fühlen, betreiben wir seit 2023 Awareness-Arbeit, die das OK, alle Helfenden und Besuchenden miteinschließt.

Grundsätze der Awareness-Arbeit

Bei allen Maßnahmen im Rahmen der Awareness-Arbeit am OISES gelten folgende Grundsätze:

Definitionsmacht
Jede Person kennt ihre eigenen individuellen Grenzen, nicht aber jene aller anderen Menschen. Somit ist eine Person, welche sich ans Awareness-Team wendet, die einzige, welche bestimmt, dass eine ihrer Grenzen überschritten wurde. Diese Definitionsmacht liegt weder beim Awareness-Team, dem Sanitäts-Team, dem OK, Helfenden oder anderen Besuchenden.

Nulltoleranz
Eine Grenze ist eine klare Linie, kein Graubereich. Somit existiert bei Grenzüberschreitungen kein Diskussionsspielraum. Jede Grenzüberschreitung wird ernst genommen und gleich behandelt, Gewichtungen existieren nicht. Jede Person, die sich ans Awareness-Team wendet, wird angehört und unterstützt.

Parteilichkeit
Awareness-Arbeit stellt immer die Bedürfnisse der betroffenen Person in den Fokus und stellt sich immer auf ihre Seite.

Anonymität
Alle Informationen werden vertraulich behandelt. Die Fälle des Awareness-Teams werden anonym und sachlich dokumentiert, sodass im Nachhinein allfällige Muster festgestellt und für das kommende Jahr präventive Maßnahmen ergriffen werden können. Der Grundsatz der Anonymität gilt auch (und insbesondere) bei Vorfällen innerhalb der Helfenden/des OKs. Falls eine Person des Awareness-Teams die betroffene Person kennt, kann der Fall bei Bedarf auch weitergegeben werden.

Massnahmen für mehr Awareness

Awareness-Team
Während den Konzert-Zeiten befindet sich zu jeder Zeit ein kleines Awareness-Team auf dem Festivalgelände. Es besteht stets aus mindestens zwei Personen, die erkennbar sind an einem lila-farbenen T-Shirt mit dem Aufdruck „AWARENESS“. Die Personen des Awareness-Teams bewegen sich auf dem gesamten Gelände, um die Stimmung der Besuchenden sowie Helfenden abzuholen und für Sichtbarkeit zu sorgen. Sie dienen als Ansprechpersonen für alle Menschen, die eine Grenzüberschreitung erlebt oder beobachtet haben oder sich sonst aus einem (nicht primär medizinischen) Grund in ihrer aktuellen Situation unwohl fühlen.

„Luisa“ ist hier
Wie in vielen anderen Kultur-Institutionen ist „Luisa“ auch am OISES Openair zu Besuch. Personen, die die Unterstützung des Awareness-Teams benötigen, wenn dieses nicht in Blickweite ist, können jederzeit an der Bar nach „Luisa“ fragen. Die Helfenden werden vor Beginn ihrer Schicht darüber informiert, dass sie in so einem Fall das Awareness-Team über die an der Bar angebrachten Nummer kontaktieren sollen.

Awareness-Nummer
Das Awareness-Team kann jederzeit während dem Festival (auch neben den Konzertzeiten) telefonisch erreicht werden. Die entsprechende Nummer wird dem gesamten OK mitgeteilt, steht den Helfenden während ihrer Schicht zur Verfügung und wird auf Informationsschildern kommuniziert, die auf das Awareness-Team aufmerksam machen – an verschiedenen öffentlichen Orten (Toiletten, Geländeeingang etc.).

Safe Space
Sobald eine Person aus dem Awareness-Team kontaktiert wird, bietet diese der betroffenen Person an, sich gemeinsam (mit beiden Personen aus dem Awareness-Team!) in den Safe Space zurückzuziehen, um der aktuellen Situation zu entfliehen. Dort können in Ruhe die Bedürfnisse der betroffenen Person ermittelt und beachtet werden. Der Safe Space befindet sich abseits des öffentlichen Bereichs hinter der Bühne. Das OK sowie der Sicherheitsdienst sind über das mögliche Erscheinen der Awareness-Teams mit einer betroffenen Person informiert.

Helfende in der Awareness-Arbeit

Die Awareness-Arbeit am OISES Openair kann nur mit der Unterstützung von freiwilligen Helfenden verrichtet werden. Diese benötigen keinerlei Ausbildung im sozialen Bereich, Erfahrungen in der Awareness-Arbeit sind natürlich hilfreich. Damit betroffene Personen dennoch bestmöglich unterstützt und begleitet werden, werden alle Personen des Awareness-Teams im Vorfeld und kurz vor dem Beginn ihrer Schicht über die oben genannten Grundsätze und den Leitfaden für Awareness-Schichten informiert und mit einer Handlungsanleitung ausgerüstet, welche im Vorfeld ebenfalls gemeinsam besprochen wird.
Zu diesem Zweck werden die Helfenden 15 Minuten vor dem Beginn ihrer Schicht für ein Briefing an einen gemeinsam vereinbarten Treffpunkt gebeten. An diesem Treffpunkt wird nach dem Ende jeder Schicht ein Debriefing stattfinden, bei dem die vergangene Schicht besprochen und die Stimmung der Helfenden abgeholt wird.